Unterschiede zwischen Klangtherapie und Musiktherapie
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Die historische Entwicklung der Wahrnehmung
Zu Beginn lebten die Menschen im Wald oder zogen sich in Höhlen zurück. Von überall her konnte ihnen Gefahr drohen. Um überleben zu können, mussten bestimmte Geräusche sehr schnell interpretiert werden können und eine unmittelbare Reaktion darauf erfolgen. Das splitternde Krachen von Holz konnte von einem umstürzenden Baum stammen, dem man nur durch sofortige Flucht entgehen konnte. Das leise Klacken von Steinen oder brechenden zarten Ästen war ein Hinweis darauf, dass sich ein wildes Tier nähern könnte. Auch dort war sofortige Flucht oder Verteidigung angesagt, wenn man mit dem Leben davonkommen wollte. Das Rauschen eines Meeres signalisierte, dass man zumindest von einer Seite vor Angriffen der Tiere geschützt war. Und man noch sicherer war, wenn man das mit dem Rücken an einem Felsen genießen konnte.
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Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern
Ein weiteres Phänomen der menschlichen Entwicklung wird in der Klangtherapie ebenfalls berücksichtigt. Die Arbeitsteilung der Urgesellschaft sorgte dafür, dass die Sinneswahrnehmungen und auch die Verarbeitung im Gehirn bei Männern und Frauen unterschiedlich ausgeprägt sind. So ist bei den Männern das Sehen deutlich besser ausgebildet als das Hören. Sie waren darauf angewiesen, Wild schon in der Ferne erspähen zu können, wenn sie ihre Familie satt bekommen wollten.
Die Frauen mussten die Kinder beaufsichtigen und gleichzeitig in der Nähe der Höhlen Brennholz und Früchte sammeln. Dabei war ein gutes Gehör von unschätzbarem Wert. Denn so konnten sie auch aus einiger Entfernung mitbekommen, wenn die Kinder Hilfe brauchten und rechtzeitig herannahende Tiere an winzigen Geräuschen brechender Äste und sich verschiebender Steinchen auf dem Boden erkennen und sich und die Kinder in Sicherheit bringen.
Diese Besonderheiten werden bei der Klangtherapie immer mitberücksichtigt. Denn das bedeutet, dass Männer und Frauen auf die verschiedenen Frequenzen völlig unterschiedlich reagieren. Auch auf Änderungen der Lautstärke von Klängen werden von Männern und Frauen unterschiedlich wahrgenommen. Auch das Alter der Probanden sollte mit einbezogen werden. Es ist inzwischen wissenschaftlich nachgewiesen worden, dass die Fähigkeiten, besonders hohe Frequenzen hören zu können, mit steigendem Alter nachlassen. Das bedeutet für die Klangtherapie, dass am besten vorher in einem umfassenden Hörtest ermittelt werden sollte, welchen Frequenzbereich der Mensch überhaupt hören kann.
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Die Klangtherapie bei Tinnitus
Bei einem solchen Hörtest könnte zum Beispiel auch ein Tinnitus diagnostiziert werden. Beim Tinnitus entsteht aus unterschiedlichen Ursachen ein pfeifendes Geräusch, was sich auf Dauer sehr störend auswirken kann. Die Menschen sind genervt und fühlen sich ständig abgespannt. Abgesehen von der Sauerstofftherapie ist auch die Arbeit mit einzelnen Klängen eine gute Möglichkeit, seine Auswirkungen auf den betroffenen Patienten deutlich zu lindern. Dabei werden Klänge verwendet, die in den Randbereichen der Frequenz liegen, auf denen der betroffene Patient das Tinnituspfeifen hört. Damit kann die Wahrnehmung des Pfeifens überlagert und verändert werden.
Beim Tinnitus kann auch Musiktherapie eingesetzt werden. Die Musiktherapie arbeitet mit komplexen Tönen, ohne die dadurch auf den Körper einwirkenden Schwingungen zielgerichtet einzusetzen, wie das in der Klangtherapie beispielsweise mit den Klangschalen getan wird. Im Falle des Tinnitus bewirkt die Musiktherapie schlichtweg eine Ablenkung von dem störenden Pfeifgeräusch. Deshalb kann hier die Musiktherapie schlicht schon darin bestehen, dass man sich als Tinnituspatient morgens als erste Maßnahme ein Radio anschaltet und es auf die Lautstärke schaltet, bei der das Tinnituspfeifen ganz minimal übertönt wird.
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Die Musiktherapie in der menschlichen Entwicklung
Wer der Geschichte der Musiktherapie nachgehen möchte, der landet schon im Alten Testament einen Treffer. Dort wird beschrieben, dass man durch den zielgerichteten Einsatz von komplexen Klanggebilden verschiedene Krankheiten heilen kann. Dass man mit Musik die menschliche Psyche beeinflussen kann, wusste auch Herophilos von Chalkedon. Er war in der Antike als Arzt tätig und stellte fest, dass ein Zusammenhang mit dem Hören von Musik und der Veränderung der Pulsfrequenz hergestellt werden konnte. Zu den Vorreitern bei den niedergeschriebenen Erkenntnissen der Musiktherapie gehörte Carl Stumpf, der bereits Ende des 19. Jahrhunderts ein umfangreiches Fachbuch dazu verfasste. Den Begriff Musiktherapie prägte Ernst Knuth, der 1931 eine Veröffentlichung zur Tonwahrnehmung herausbrachte, die heute sowohl in der Fachwelt der Klangtherapie als auch der Musiktherapie noch immer gern zitiert wird.
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Der Rhythmus und sein Einfluss auf den Körper
In der Psychoakustik wird auch mitberücksichtigt, welche Auswirkungen ein bestimmter Rhythmus auf den Menschen hat. Die gleichförmigen stampfenden Rhythmen, mit denen sich die Naturvölker in einen tranceähnlichen Zustand versetzten, findet man auch in verschiedenen Bereichen der modernen Popmusik wieder.
Die bekanntesten dazugehörigen Stilrichtungen sind Techno und Trance. Auch wenn hier teilweise harmonische Melodien in den Hintergrund gelegt werden, wirkt vor allem der vordergründig betonte Rhythmus.
Leider begreifen vor allem die konsumierenden Jugendlichen nicht, dass sie durch den Einsatz verschiedener Drogen die Wirkung dieser Musik so verstärken können. Und, dass sie teilweise lebensgefährlich auf den Organismus wirken kann. Das entscheidende Kriterium ist hier die Zahl der Beats pro Minute, die bei einem Teil dieser Musik jenseits von 120 Schlägen pro Minute liegt. Hinzu kommt eine extreme Lautstärke, die dafür sorgt, dass der gesamte Körper förmlich mit Vibrationen bombardiert wird. Der menschliche Kreislauf reagiert darauf, indem er versucht, die Herzfrequenz den Beats anzupassen. Ein Puls von mehr als 120 Herzschlägen pro Minute ist mit einer Situation vergleichbar, in der man im Sport Hochleistungen erbringt. Auf eine derartige Dauerbelastung ist das menschliche Kreislaufsystem nicht ausgelegt. Hinzu kommt oft ein Flüssigkeitsmangel, der durch das damit verbundene starke Schwitzen entsteht. Lebensgefährliche Kreislaufzusammenbrüche sind mögliche Folgen, die sich aus dem übermäßigen Konsum solcher Musik ergeben können.
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Die Wirkung von komplexen Klanggebilden
Mit den komplexen Klanggebilden der Musik können auch andere Stimmungen erzeugt werden. Wohl jeder spürte schon einmal die Faszination, die von einem langsamen Blues ausgeht. Die Discjockeys beobachten immer wieder, dass dann selbst Gäste nachdenklich und in sich gekehrt wirken, die am Tisch sitzen bleiben und nicht tanzen, sondern nur zuhören. Auch den Drang nach Bewegung kann man mit Musik zielgerichtet hervorrufen. Dabei braucht man nur an die Schunkelmusik der Faschingszeit und an Marschmusik zu denken. Da stellt sich der Gleichschritt ganz von allein ein.
Zielgerichteten Einfluss auf die Psyche eines Menschen kann man mit einer Kombination aus Naturklängen und Ton- und Rhythmuskombinationen nehmen. Auch hier sei wieder Antarctica von Vangelis zitiert. Wenn man diese synthetisch erzeugten Tonkombinationen mit geschlossenen Augen hört, steigen bei jedem Menschen vor dem geistigen Auge unterschiedliche Bilder auf, aus denen man bei der Diagnostik auch Rückschlüsse auf seinen psychischen Zustand ziehen kann.
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Musik als diagnostische Hilfe
Musiktherapie wird als Einzel- und Gruppentherapie angeboten, von den meisten Krankenkassen aber leider nicht im ambulanten Bereich bezahlt. In der stationären Psychotherapie ist die Musiktherapie bereits sehr weit verbreitet und verzeichnet große Erfolge. Das gilt im Übrigen auch für die Schmerztherapie. In der Schmerztherapie werden zielgerichtet bestimmte Vorstellungen mit der Musik verbunden. Am bekanntesten ist die blühende Sommerwiese, die zum Entspannen und Abschalten einlädt. Und die auch beim Autogenen Training so gern bemüht wird.
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Musik als Schmerztherapie
Damit wird bewusst die Wahrnehmung des Schmerzreizes unterdrückt. Je öfter man diesen Zustand bewusst herbei führt, desto deutlicher manifestieren sich diese Bahnen auch neurologisch nachweisbar. Irgendwann kommt dann der Zeitpunkt, zu dem der Patient in der Lage ist, sich durch das bloße Hören der damit verbundenen Musik auch ohne Hilfe eines Therapeuten in diesen entspannten und schmerzfreien Zustand hinein zu versetzen.
Im Ergebnis hilft hier die Musiktherapie, die Menge der benötigten Schmerzmittel deutlich zu reduzieren. Damit reduziert sich auch die Gefahr der damit verbundenen Nebenwirkungen, die vor allem zu dauerhaften Schäden im Verdauungsapparat führen können. Auch haben viele Psychopharmaka und Schmerzmittel die unangenehme Eigenart, dass sie psychisch und physisch abhängig machen können. Oder ihre Wirkung auf Dauer deutlich nachlässt und man die Dosis ständig steigern muss. Ein solcher Gewöhnungsprozess ist bei der Musiktherapie sogar gewollt, weil er dazu führt, dass selbst einzelne Elemente eine Kettenreaktion auslösen können, die letztendlich zu einer Schmerzreduzierung oder Schmerzfreiheit führt.
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Der Einfluss von Musik auf Babys und Komapatienten
Ein weiteres sehr interessantes Anwendungsgebiet der Musiktherapie sind die Frühchen-Stationen. Die Winzlinge brauchen ganz dringend das unmittelbare Gefühl der Geborgenheit, das ihnen während ihrer vorgeburtlichen Entwicklung die Geräuschkulisse des mütterlichen Bauches gibt. Diese Geräuschkulisse wird bei der Musiktherapie für Frühgeborene quasi nachgebildet. Dazu sind aber nur sehr erfahrene Tontechniker in der Lage, weil hier berücksichtigt werden muss, dass sowohl die Stimmen der Menschen als auch alle anderen Geräusche durch das umgebende Gewebe und das Fruchtwasser verfremdet werden. Einen ähnlichen Ansatz benutzt im Übrigen die Musiktherapie in vielen Solebädern, bei denen besondere Unterwasserlautsprecher verwendet werden und die Verfremdung der Töne und Klänge durch das Solewasser ausgenutzt wird.
Auch bei Komapatienten wird die Musiktherapie sehr gern eingesetzt. Auch hier nutzt man aus, dass durch die Musik ein Einfluss auf das vegetative Nervensystem ausgeübt werden kann. So lässt sich damit einerseits eine Entspannung erzielen, die vor allem krampfenden Wachkomapatienten Linderung bringt. Andererseits hat das Vorspielen der Lieblingsmusik schon häufig für den entscheidenden Impuls an das Gehirn von Komapatienten gesorgt, der sie in die Lage versetzte, aufzuwachen und wieder bewusst am Leben teilzunehmen. Neben der Musiktherapie werden hier auch zielgerichtet die stimmlichen Muster der engsten Angehörigen eingesetzt.
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Die Bedeutung der Musik in der Altenpflege und der Behandlung von Tics
Auch in der Gerontopsychiatrie kommt die Musiktherapie zur Anwendung. Ein möglicher Weg ist es, die alten Menschen selbst musizieren zu lassen. Dabei werden das Gehirn und die Motorik gleichzeitig trainiert. Auch bei der Koordination bringt das entscheidende Vorteile. Damit können auch die ersten kleineren Anfälle bei Parkinson behandelt werden. Schon oft wurde beobachtet, dass beim Musizieren die zitternde Hand plötzlich ganz ruhig wurde. Auch bei der Behandlung des Tourette-Syndroms zeigte die aktive Musiktherapie an vielen Stellen eine gute und dauerhafte Wirkung.
Bei der Betreuung älterer Menschen spielt die Musiktherapie auch an anderer Stelle eine entscheidende Rolle. Viele pflegebedürftige Menschen werden renitent, wenn sie nicht mehr aufstehen können. Ursache ist, dass ihnen schlicht langweilig ist oder dass sie nicht mehr in der Lage sind, ihren Gefühlen verbal Ausdruck zu geben. Leider ist hier oft die gängige Praxis, dass man sie unter Beruhigungsmittel setzt, obwohl man mit einer gezielten Musiktherapie genau den gleichen Effekt erreichen könnte.
Besonders gute Erfahrungen mit der Musiktherapie machen die Zahnärzte mit vielen Angstpatienten. Oft ist es weniger die Angst vor den Schmerzen selbst, die sie zittern lässt, sondern allein schon der Gedanke an den Bohrer. Setzt man ihnen Kopfhörer und Augenklappen auf und spielt ihnen Entspannungsmusik mit suggestiven Ansagen zur Vorstellung bestimmter Situationen ein, sind sie wesentlich ruhiger und der Zahnarzt kann arbeiten, ohne jeden Moment ein Zusammenzucken oder Verkrampfen des Patienten zu befürchten. Auch hier konnte durch die Musiktherapie der Einsatz von Betäubungsmitteln sehr deutlich gesenkt werden.
Methoden der Musiktherapie mit Kindern und JugendlichenBroschiertes BuchDie Musiktherapie hat sich zu einem umfangreichen und weit verzweigten Fachgebiet entwickelt. In diesem Band wird die Vielfalt musiktherapeutischer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen systematisch vorgestellt und praxisnah erläutert. Die Autorin behandelt wesentliche Themen wie Merkmale, therapeutische Funktionen und entwicklungspsychologische Aspekte des Musikspiels, sie geht auf Spielmaterial, therapeutische Haltung und Beziehung sowie auf therapeutisches Handeln ein. Im zentralen Teil des Bandes stellt sie detailliert die verschiedenen musiktherapeutischen Methoden vor, wie z.B. Stille, Improvisation, Lied, komponierte instrumentale Musik, körperzentrierte Musikspiele, Sprache, Rollenspiel und Hantieren mit Instrumenten. Eindrückliche Fallbeispiele und wertvolle Hinweise für die musiktherapeutische Praxis machen das Buch zu einer vielseitigen und interessanten Lektüre...
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